Weißt du, warum der Titel „Selbstfürsorge stärken“ heißt? Weil Selbstfürsorge eine uns natürlich angeborene Fähigkeit ist, wir aber nicht lernen diese einzusetzen. Ich werde oft geragt: „Ich will selbstfürsorglicher werden. Worauf muss ich achten? Wie schaffe ich das?“ Fragst du dich das auch? Wenn ja, habe ich 5 wichtige Prinzipien der Selbstfürsorge für dich zusammengefasst und stelle sie dir nun vor.
Inhaltsverzeichnis
Über Selbstfürsorge
Selbstfürsorge ist eine lebenserhaltende und lebensbejahende Haltung und Fähigkeit, die jede Tätigkeit einschließt, die dein Wohlbefinden und deine Gesundheit aufrecht erhält, wiederherstellt oder verbessert.
In Zeiten von Stress und Belastung wird Selbstfürsorge meist vernachlässigt. Als wäre sie ein „Luxus“, zu anstrengend oder egoistisch. Vielleicht kennst du die kleine innere Stimme, die dir sagt:
„Noch darfst du dir keine Zeit für dich nehmen.“
„Noch hast du nicht genug geleistet, um dich ausruhen zu dürfen.“
„Du hast es nicht verdient.“
„Erst die andere. Dann du. Sei nicht egoistisch.“
Dabei dient Selbstfürsorge nicht nur dir, um deine Lebenskraft zu erhalten. Sie sorgt auch für den Erhalt einer Lebensumgebung, die deine Lebensqualität unterstützt. Und sie sorgt dafür, dass du anderen Menschen nicht zur Last wirst.
Angenommen du bist dauerhaft die eierlegende Wollmilchsau für jeden und alles – wie lange kannst du dieses Niveau aufrechterhalten? Und was passiert, wenn du zusammenbrichst? Wenn du wie ein Kartenhaus in dir zusammenfällst?
Mit Luxus oder Egoismus hat Selbstfürsorge nichts zu tun. Und dennoch fühlen wir uns miserabel, wenn wir auch nur den Gedanken an Selbstfürsorge verschwenden. Entweder, weil wir sie uns nicht erlauben. Oder weil wir schlichtweg nicht wissen, wie Selbstfürsorge geht.
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5 wichtige Prinzipien der Selbstfürsorge
Als Erstes möchte ich dir eine Illusion nehmen: Es gibt keinen magischen Schalter, den du drücken musst und ZACK wirst du wissen, wie du für dich sorgen kannst und wie du dabei so gar keine negativen Gefühle erlebst. Aber ich glaube, das weißt du bereits.
Es gibt einen Weg, den du beschreiten kannst, um deine Haltung und deine Fähigkeit zur Selbstfürsorge zu trainieren, zu stärken und auszuleben. Um dran zu bleiben, gibt es wichtige und hilfreiche Prinzipien.
1. Warte nicht auf den passenden Zeitpunkt
Wie oft wartest du darauf, bis du die Zeit hast, um selbstfürsorglich zu sein?
Ich kenne es selbst so: Erst meine Liebsten, der Job, der Haushalt, die Aufgaben-Liste und zich andere Dinge und dann ich. Also im Grunde nie. Oder sehr sehr selten, dass ich auch mal dran bin.
Wenn du auch auf den passenden Zeitpunkt wartest, um selbstfürsorglich zu sein, stecken vermutlich negative Glaubenssätze dahinter.
Doch wenn du deine Selbstfürsorge stärken und ausleben willst, darfst du nicht auf diesen passenden Zeitpunkt warten. Wenn wir ehrlich sind – er kommt doch nicht. Es gibt tausend Gründe, warum dieser Augenblick nicht kommt. Und das ist einer DER Gründe, warum jeder Versuch Selbstfürsorge auszuleben scheitert.
Warte nicht auf den richtigen Zeitpunkt. Erlaube dir stattdessen, unabhängig von äußeren oder inneren Umständen, für dich selbst zu sorgen.
Damit meine ich:
- Auch wenn die to-do-Liste noch lang ist…
- Auch wenn jemand noch deine Aufmerksamkeit möchte…
- Und selbst wenn du bei dem Gedanken an Selbstfürsorge schlechtes Gewissen, Schuldgefühle, Versagensgefühle oder Stress verspürst…
Auch dann nimm dir die Zeit, für dich selbst zu sorgen. Konsequent.
2. Schenke deiner Selbstfürsorge Regelmäßigkeit
Wobei fällt es dir leicht dran zu bleiben? Was kannst du fortlaufend tun? Wo bist du sogar verbissen und kaum von abzubringen?
Solange ich als Psychologin arbeite, mache ich bei Menschen immer wieder ein und dieselbe Erfahrung: Menschen mit hoher psychischer Belastung neigen zu übermäßiger Selbstkritik, zum Perfektionismusdrang, sie grübeln viel, hinterfragen, zweifeln an und machen sich sorgen. Und sie sind meisterhaft im Vermeiden. Beinahe bei jedem dieser Menschen erlebte ich eine eiserne „Disziplin“ sich selbst in einem schlechten Licht zu sehen. Sie glaubten schier felsenfest an ihre negativen Glaubenssätze. Erkennst du dich irgendwo wieder?
Ich glaube auch, dass wir alle in die Sparte fallen zu lange zu stark sein zu wollen, zu lange auszuhalten und sich zusammen zu reißen. Das tun wir nicht, weil wir schwach sind und dem harten Leben nicht standhalten können. Nein. Das tun wir, weil wir zu lange stark sein mussten und es gar nicht mehr anders können, als stark sein zu müssen.
Und so selbstzerstörerisch wir sein können mit unseren inneren Kritikern und unseren negativen Glaubenssätzen, so zeigt all das eines:
Wir können konsequent sein – und ich bin mir sicher – auch du kannst konsequent sein.
Wenn du also deine Selbstfürsorge stärken und ausleben willst, musst du deine Fähigkeit, konsequent an etwas dran zu bleiben, in eine andere Richtung lenken.
Selbstfürsorge will nämlich regelmäßig ausgelebt werden. Sie geht mit einem Versprechen an dich einher, dass du für Kraft, Ruhe, Ausgleich, Entlastung, Erholung und Freude sorgst. Regelmäßig.
Vor allem zu Beginn wird es wichtig sein, dass du dran bleibst. Dass du dich nicht von negativen Erfahrungen abschrecken lässt oder Selbstfürsorge mal sausen lässt, weil du gerade nicht in Stimmung bist (Stichwort Vermeidung).
3. Deine Selbstfürsorge braucht attraktive Vielfalt
Wenn du nach Selbstfürsorge googelst, findest du viele Checklisten und Listen mit beliebten Strategien für Selbstfürsorge. Solche Listen können als Inspiration nützlich sein. Aber oft beinhalten sie recht einseitige und leider auch oberflächliche Tipps und Strategien. Viele dieser Tipps drehen sich um Ernährung, Bewegung, Entspannung und Beauty.
Selbstfürsorge ist so viel mehr, als sich um eine gesunde Ernährung, um ausreichende Bewegung und Entspannung zu kümmern.
Hüte dich davor Selbstfürsorge anhand weniger, einseitiger oder sehr ähnlicher Tätigkeiten zu pflegen. Es gibt zich verschiedene Kraftquellen, die du nutzen kannst, um deine Selbstfürsorge zu stärken. Selbstfürsorglich zu sein darf kreativ, vielfältig flexibel und attraktiv sein.
Genau das ist womöglich als „Neuling“ auf dem Gebiet der Selbstfürsorge so einschüchternd … Du darfst ausprobieren und Erfahrungen sammeln. Immer wieder aufs Neue. Das kann anfänglich verunsichern, sodass du nicht weißt, womit du anfangen sollst.
Am besten du suchst dir ein wenig Inspiration, die dich anspricht. Suche dir ein paar Tätigkeiten aus, die auf deine Lebenssituation passen, die bei dir Interesse oder Neugier wecken. Sprich, die für dich attraktiv erscheinen. Damit kannst du starten. Die gemachten Erfahrungen kannst du im nächsten Schritt ausbauen und z.B. für dich selbst kreativ überlegen:
- In welchem Lebensbereich kann ich mehr Selbstfürsorge gebrauchen?
- Wie sieht es aktuell in diesem Lebensbereich aus?
- Was kann ich ausprobieren, um hier (langfristig) positiven Einfluss zu nehmen?
Sammle vielfältige Ideen, ohne dabei jede zu zerdenken, gleich zu bewerten und zu verwerfen. Erstmal sammeln. Dann testen. Dann Erfahrungen machen und daran geistig und emotional reifen.
4. Gib Tätigkeiten und Aktivitäten eine faire Chance
Damit kommen wir auch schon zum Prinzip der Chance. Bevor wir uns ernsthaft an Aktivitäten für unsere Selbstfürsorge wagen, passiert doch Folgendes:
„Pilates ist was für alte Leute.“
„Tagebuch schreiben? Ne, also Schreiben war noch nie meins.“
„Wie ich soll mich öfters im Spiegel nackt anschauen? Das ist doch völliger Quatsch.“
Wenn es darum geht sich auf Selbstfürsorge einzulassen, begegnen wir unseren:
- (negativen) Bewertungen und Überzeugungen
- Vorurteilen
- Unsicherheiten und Ängsten
Und was passiert dann? Wir verwerfen die Idee, verschieben die Aktivität, schieben den Plan vor uns her oder geben auf. Negative Überzeugungen, Vermeidung und Selbstsabotage gehören zu den größten Problemen auf dem Weg zu mehr Selbstfürsorge.
Deswegen ist es umso wichtiger, dass du dich ERST RECHT auf verschiedene Tätigkeiten einlässt und diesen eine Chance gibst auf dich zu wirken.
- Auch wenn du dir unter bestimmten Tätigkeiten noch nichts (Gutes) vorstellen kannst. Das heißt noch lange nicht, dass das Ausprobieren dieser Tätigkeiten sinnlos wäre. Im Gegenteil. Sei neugierig und lass dich überraschen.
- Auch wenn du in der Vergangenheit keine nennenswerten „Erfolge“ mit gewissen Tätigkeiten gemacht hast. Was in der Vergangenheit nicht für dich funktioniert hat, hatte vielleicht ganz bestimmte Gründe. Oder es war einfach der falsche Zeitpunkt dafür. Jetzt kann es ganz anders werden.
Das Prinzip lautet ganz klar: Gib dir selbst die Chance auf neue Erfahrungen. Das gelingt dir am besten, wenn du Tätigkeiten und Aktivitäten mit offener Haltung begegnest.
5. Selbstreflexion wird deine Selbstfürsorge stärken
Selbstfürsorge ist keine Fähigkeit, die von anderen Fähigkeiten völlig abgetrennt und unabhängig ist. Das wäre sonst wie bei einer Kommode, bei der du in jeder Schublade nur eine Fähigkeit aufbewahrst, und die Inhalte der Schubladen würden sich nie vermischen …
Selbstfürsorge ist eine wesentliche Fähigkeit zur Lebenserhaltung. Deswegen spielt sie in allen Lebensbereiche eine wichtige Rolle. Doch sie könnte nicht existieren, gebe es nicht deine Fähigkeit zur Selbstreflexion.
- Wenn du dir bisher die Zähne an dem Thema Selbstfürsorge ausgebissen hast, gab es dafür sicherlich gute Gründe. Reflektiere über diese. Du kannst wichtige Erkenntnisse daraus ziehen und es ab jetzt besser machen.
- Wenn du bisher kaum Berührungspunkte mit Selbstfürsorge hattest, reflektiere über deine Lebensweise und deine Haltung dir und deiner Lebensumgebung und deinen Ressourcen gegenüber. Auch hier warten bestimmt spannende Erkenntnisse auf dich, an denen du geistig und emotional wachsen kannst.
Selbstreflexion wird dir dabei helfen auf deinen Erfahrungen (konstruktiv) aufzubauen und deine Fähigkeit zur Selbstfürsorge nach und nach zu stärken.
3 Impulse zum Schluss
1. Erwarte bitte keine krassen sofortigen Effekte. Selbstfürsorge will nach und nach, Schritt für Schritt, stetig und nachhaltig aufgebaut werden.
2. Erwarte bitte nicht, dass du dich von Beginn an bei dem Thema gut fühlen wirst. Aufrichtige Selbstfürsorge kann sich anfänglich doof anfühlen.
3. Schau weniger nach links und rechts und lass dir bitte nicht aufschwatzen, wie Selbstfürsorge auszusehen hat. Selbstfürsorge ist so persönlich und individuell, wie unser Fingerabdruck. Es mag sein, dass es zwischen Menschen gewisse Übereinstimmungen gibt. Aber letztlich musst du für dich herausfinden, was für dich Selbstfürsorge ist. Und zwar nicht als rigides Konstrukt, sondern als flexible Fähigkeit, um für deine Gesundheit, deine Lebensqualität und deine Lebenskraft zu sorgen.
Ich danke dir für deine Zeit und Aufmerksamkeit.
Tatjana
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