Die Kunst einer erfolggekrönten persönlichen Entwicklung liegt darin, sich gute Fragen zu stellen und sich Zeit zu lassen reflektierte und ehrliche Antworten zu finden. Genau aus diesem Grund gibt es auf dem HPH-Blog die Rubrik 360° Journaling. In diesem Artikel erkläre ich dir, warum Selbstfindung mit (ungewöhnlichen) Fragen so gut funktioniert.
Inhaltsverzeichnis
Der psychologische Hintergrund
Gute Fragen haben in der Psychologie einen hohen Stellenwert und sind wichtige Werkzeuge einer wirksamen Psychotherapie oder eines effektiven Coachings.
Wer dir keine guten Fragen stellt, kratzt ewig mit dir an der Oberfläche und wird dich in deinem Prozess höchstwahrscheinlich nicht besonders weit bringen. Das ist meine persönliche Meinung. Doch warum ist das so? Ich will es dir so einfach wie möglich erklären:
In unserem Alltag neigen wir dazu im Autopiloten zu funktionieren. Da ist der Job, da sind die Kinder, da ist der Haushalt, da ist die Familie und es gibt noch Freunde und Bekannte, da gibt es gewisse gesundheitliche Fragen oder Freizeitaktivitäten – und alles davon dreht sich gewissermaßen im Kreis. Wir durchleben unseren Alltag sozusagen in Mustern. Für viele Menschen sieht z.B. das tägliche Muster so aus: Aufstehen, fertig machen, zur Arbeit fahren, arbeiten, nach Hause kommen, kochen, essen, sich erschöpft fühlen, Haushalt erledigen, sich vor TV/PC oder am Smartphone berieseln lassen und ins Bett fallen. Überlege mal an dieser Stelle, wie dein typisches Alltagsmuster aussieht.
Dass wir im Autopiloten funktionieren, liegt daran, dass wir Gewohnheitswesen sind. Wir sind als Spezies sehr anpassungsfähig und suchen uns (un-/bewusst) Verhaltens-, Denk – und auch Gefühlsweisen aus, die unser physischer, biochemisches und psychisches System nicht so viel Anstrengung kosten. So entstehen vereinfacht erklärt Gewohnheiten. Wir versuchen unsere Energie zu sparen.
An sich ist an Gewohnheiten erstmal nichts schlecht. Sie geben uns einen Wirkungs-Rahmen im Leben und für viele Menschen bieten Gewohnheiten ein Gefühl von Stabilität und Sicherheit. Viele Menschen identifizieren sich auch mit ihren gewohnten Mustern und dadurch bekommen Gewohnheiten sogar einen identitätsstiftenden Charakter. Doch ob diese Einsparungen an Energie dauerhaft sinnvoll sind, sei mal dahingestellt. Dazu kommen wir jetzt.
Das Korsett der Gewohnheiten
Wir handeln im Alltag in gewohnten Mustern, wir denken in gewohnten Mustern und wir fühlen auch oft in gewohnten Mustern. Das bedeutet auch, dass wir mit Zielen, Wünschen, Veränderungen und Problemen in gewohnten Mustern umgehen.
Genau hier kommen wir zum Knackpunkt und zum Wendepunkt, bei dem Gewohnheiten ihre ursprünglich positive Wirkung verlieren. Es ist dieser Wendepunkt, an dem Gewohnheiten zu einem Korsett werden. Und dieses Korsett schnürt uns langsam, kaum merklich aber mit vielen Konsequenzen die Luft zum Leben ab. So können die Folgen aussehen:
Kognitives Feststecken
Wir werden kognitiv unflexibel und denken in eingefahrenen Mustern.
Das ist der Zustand, in dem sich Menschen gedanklich im Kreis drehen, sich immer wieder ähnliche Fragen stellen und zu ähnlichen Antworten kommen. Du kennst sicher mindestens eine Person aus deinem Umfeld, auf die das zutrifft. Diese Person erkennst du daran, dass sie dazu neigt in Problemen zu denken, die Schwierigkeiten hat Entscheidungen zu treffen, weil sie so viele Zweifel hat und die dich bestens darin unterstützen kann eine Situation zu hinterfragen und am Ende keine Lösung für ein Problem findet. Manchmal sind es auch Menschen, die sich auf ein ganz bestimmtes Thema versteifen und es scheint so, als gebe es kaum etwas wichtigeres für sie.
Wenig Flexibilität im Verhalten
Die Bandbreite unserer Verhaltensweisen wird auf ein bestimmtes Repertoire eingegrenzt.
Das ist der Zustand, in dem Menschen immer wieder ein ähnliches Verhalten zeigen. Besonders häufig sind das Verhaltensweisen, um mit Stress oder Belastung umzugehen. Auf wen das zutrifft, versucht seinen Gewohnheiten treu zu bleiben, auch wenn sie sich in der Praxis nicht (mehr) bewähren. So eine Person erkennst du z.B. daran, dass sie sagt „So habe ich mich bisher immer verhalten. Ich wüsste nicht, was ich anders machen kann. Bis jetzt hat es ja auch geklappt.“ Das sind auch Menschen, die immer wieder ähnliche Lebenserfahrungen machen.
Emotionales Abgleiten
Neue und vor allem unvorhersehbare Situationen, Probleme und Themen sorgen dafür, dass wir das Gefühl bekommen die Kontrolle zu verlieren.
Ein Gewohnheits-Korsett bedeutet, dass wir uns durch Gewohnheiten einen Lebens-Radius abstecken. Wir sind es gewohnt uns in diesem Radius zu bewegen. Innerhalb dieses Radius fühlen wir uns angepasst und sicher. Du kennst das Thema auch unter dem Begriff Komfortzone. Auf wen dieser Zustand besonders zutrifft, kann Gefahr laufen Angst, Unsicherheit, Zweifel und Hilflosigkeit zu erleben, sobald dieser gewohnte Radius verlassen wird. Diese Menschen erkennst du daran, dass sie sich wenig zutrauen, dass sie sich gerne vorbereiten und absichern, dass sie manchmal aus einer Mücke einen Elefanten machen und du viel auf diese Menschen einreden musst, bis sie bereit sind etwas zu unternehmen (oder etwas zu denken), was nicht zu ihrer Routine gehört.
Weitere Konsequenzen
Damit endet leider das Problem unserer Gewohnheiten nicht. Es ist wie eine endlose Spirale oder wie ein Teufelskreis, der auf unser Leben weitere negative Konsequenzen hat. Die weiteren Folgen sind (kurz und bündig):
- geringe Selbstwirksamkeit
- Verlust von Selbstvertrauen
- Gefühle von Frustration, Machtlosigkeit und Ausweglosigkeit
Es ist wie ein selbst erbautes Hamsterrad, in dem du wie ein kleiner Hamster deine Runden drehst und keinen Ausstieg findest. Lebensqualität ist was anderes oder? Und das wichtigste ist, in diesem Hamsterrad entgeht dir, was wirklich in dir steckt: Deine Werte, deine Ressourcen, deine Stärken, deine Flexibilität und Kreativität und die Einzigartigkeit deiner Person. Ich kann dir sagen:
Im Hamsterrad gibt es keine Selbstfindung. Im Hamsterrad verlierst du dich.
So entstand schließlich meine Idee für die 365 Fragen zur Selbsterkundung.
Wie funktioniert Selbstfindung mit Korsett?
In einer Welt, die sich im Außen ständig und schnell verändert, ist es wichtig offen für inneren Wandel zu bleiben. Persönliche Entwicklung ist unumgänglich. Du entwickelst dich dein Leben lang, ob du es willst oder nicht. Das Gute ist, du kannst die Richtung und das Tempo deiner Entwicklung aktiv mitbestimmen. Und alles, was du tust, führt dazu, dass du dich als komplexe, einzigartige Persönlichkeit immer mehr (an-)erkennst.
Doch wer mit einem Korsett durchs Leben schreitet, für den fühlt sich alles nach Anstrengung, Kampf und Konfrontation an. Kennst du das Gefühl, dass du machst, tust, versuchst, dich bemühst und anstrengst und trotzdem trittst du auf einer Stelle und kommst nicht so richtig voran? Dann ist es gut, dass du diesen Artikel liest.
Selbstfindung bedeutet, dich außerhalb des Korsetts deiner festgefahrenen Gewohnheiten zu finden.
Selbstfindung bedeutet zu erkennen, dass du kein Korsett brauchst, um dem Wandel des Lebens standzuhalten. Sondern dass du weißt, dass du noch viel mehr bist und kannst, als du es in einem Korsett jemals erfahren könntest.
Selbstfindung bedeutet, dich im Geschehen des Lebens zu erkennen, zu reflektieren und zu verstehen.
WARUM Selbstfindung mit 360° Journaling funktioniert
Ich bin jemand, die gerne Themen an ihrer Wurzel packt. Ich gehe also gerne gleich ans Fundament. Alles andere ist für mich das ewige Kratzen an der Oberfläche, was für alle Beteiligten auf Dauer frustrierend ist. Das ist mein Ansatz. Ich gehe den Dingen auf den Grund. Ich bin wie der psychologische Kriminologe.
Meine Beobachtung ist, dass Menschen oft in ihren eigenen Gedanken feststecken. Das ist leider der Beginn dafür, dass sich das Korsett anfängt zuzuschnüren. Gedankliche Unflexibilität und Festgefahrenheit haben emotionale Auswirkungen und Folgen auf Erleben und Verhalten.
Selbstfindung bedeutet für mich, sich zu trauen das Korsett zu lockern.
Am besten geht das mit deinen Gedanken. Denn Gedanken kannst du spielen lassen, ohne, dass es Folgen auf dein Leben haben muss. Deine Gedanken gehören dir, sie sind intim und dennoch sehr wirkungsvoll und machtvoll.
Selbstfindung über deine Gedanken ist ein behutsamer Prozess im geschützten Rahmen. Es gibt nicht zu viele Reize, es droht kein Kontrollverlust, es gibt keinen Erfolgsdruck und vor allem gibt es keine Gefahr für Misserfolg. Das sind doch prima Voraussetzungen, um mit deinen Gedanken endlich mehr zu dir selbst zu finden.
Das tolle daran: Je mehr du dich auf so einen Prozess der gedanklichen Selbstfindung einlässt, desto natürlicher werden sich Veränderungen in deinen Emotionen und in deinem Verhalten anfühlen. Du wirst unabhängig von irgendwelchen äußeren Helfern über deine Grenzen hinauswachsen. Das ist echter, selbstwirksamer Erfolg! Gold wert sag ich dir!
Gedankliche Lockerung des Korsetts geht wunderbar über Fragen. Denn in unserem Alltag stellen wir uns auch noch meist die gleichen Fragen. Wir nehmen uns kaum Zeit über eine Frage nachzudenken, neue Antworten zu finden oder genauer hinzuschauen. Im Autopiloten muss es schnell gehen. Und so entgeht uns die Chance uns besser kennen zu lernen, neue Seiten an uns zu entdecken und uns zu verstehen.
Mein Ansatz: Ich stelle dir mit der Rubrik 360° Journaling einfache bis hin zu ungewöhnliche Fragen und biete dir den Raum zur Selbstfindung. Die Zahl 360° spricht für sich – es warten 360° Chancen auf dich, dein gedankliches Korsett zu lockern. Wie das genau funktionieren kann, erfährst du in „Kognitive Gewohnheiten durchbrechen – Wie Selbstfindung mit Fragen funktioniert„.
Übrigens kannst du im Mitgliederbereich zum 360° Journaling nicht nur die Frage, sondern auch Input in Text & Audio erhalten und so den Prozess des Journalings intensivieren!
Danke für deine Aufmerksamkeit!
Tatjana
Das Titelbild ist von @Grace Madeline und weitere Bilder siehst du von @Toa Heftiba, @Nikita Kachanovsky und @Roman Kraft von Unsplash.