Wir Menschen sind Gewohnheitswesen und entwickeln in unserem Lebenslauf emotionale, verhaltensbezogene und kognitive Gewohnheiten, um unseren Alltag zu managen. Das ist physiologisch, biochemisch und psychisch sinnvoll. Doch diese Muster tragen nicht dazu bei, dass wir den Anforderungen unserer Schnelllebigkeit gerecht bleiben können. Vor allem wenn wir mit Zielen, Wünschen, Problemen und Veränderungen versuchen mit unseren Denk-, Gefühls- und Verhaltensgewohnheiten umzugehen, kann das schnell nach hinten losgehen. Aus diesem Grund entstand die Rubrik 360° Journaling. Im Detail beschreibe ich den psychologischen Hintergrund in „Warum zur Selbstfindung mit (ungewöhnlichen) Fragen„. Hier erfährst du, WIE du diese Rubrik nutzen kannst, um mehr zu dir selbst zu finden und deinen kognitiven Tunnel zu verlassen. Du kannst die Rubrik für deine persönliche Entwicklung und wunderbar als Ergänzung zu deiner Therapie oder deinem Coaching nutzen.
Inhaltsverzeichnis
Kognitive Gewohnheiten
So wie jeder Mensch, hast auch du eine breite Palette an Gewohnheiten, mit denen du deinen Alltag bestreitest. Gewohnheiten sind kognitive, verhaltensbezogene und emotionale Muster, die automatisch ablaufen.
Kognitive Gewohnheiten können sich z.B. darauf beziehen, wie du typischerweise
- deine Umwelt wahrnimmst und was dir z.B. schnell auffällt.
- dich an bestimmte Dinge aus deinem Leben erinnerst und was dir tendenziell besser im Gedächtnis bleibt.
- urteilst, bewertest und zu welchen Interpretationen von Situationen du tendierst.
- denkst, also was für Gedanken dir (wiederholt) durch den Kopf gehen und womit du dich gedanklich beschäftigst.
- dich auf bestimmte Lebensthemen fokussierst und wie viel Raum bestimmte Themen in deinen Gedanken einnehmen.
- von etwas überzeugt bist, also besser gesagt: woran du glaubst und woran du gedanklich festhältst.
- kommunizierst und hier besonders, welche Worte ganz typisch deinen Wortschatz widerspiegeln.
Im Übrigen verraten uns kognitiven Gewohnheiten verdammt viel über unsere Prägung. Nur so by the way.
Wie du dich selbst verlierst
Hier ein Beispiel: Was antwortest du typischerweise auf die Frage „Wie geht’s?“
Du denkst jetzt vielleicht: „Es kommt darauf an, wer mich fragt, wie ich gefragt und in welcher Situation ich gefragt werden“. Sprich du greifst nun auf gewisse Entscheidungen zurück, die du getroffen hast, um in bestimmten Situationen und bei bestimmten Menschen auf eine bestimmte Art zu antworten? Auch das ist eine Art gewohntes Muster. Es gibt auch Menschen, die auf ein „Wie geht’s?“ standardmäßig antworten: „Bei mir alles gut und bei dir?“ oder „Muss ja.“
Man könnte also sagen, dass wir uns daran gewöhnen auf Fragen mit gewohnten Antworten zu reagieren. Und gleichzeitig gewöhnen wir uns daran, uns selbst und anderen Menschen immer wieder die gleichen oder sehr ähnliche Fragen zu stellen. Unser kognitives Repertoire wird so auf gewisse Themen und Antworten eingeschränkt. Das ist das Korsett, von dem ich hier spreche. An sich erstmal nichts Dramatisches. Es hat aber eine Konsequenz, die dramatisch werden kann:
Unsere Art des Denkens und Kommunizierens wird einseitig. Wir bewegen uns in einem gedanklichen Tunnel. Wir denken und reagieren immer automatisierter und unbewusster, ohne in der Situation, bei unserem Umfeld und vor allem bei uns selbst präsent zu sein. Die Konsequenz ist: Wir beginnen uns selbst immer weniger zu spüren und zu reflektieren. Und damit verlieren wir immer mehr den Zugang zu uns, verstehen und kennen uns weniger.
Kommst du thematisch mit? Ergibt es für dich bis hierher Sinn? Denn jetzt kommen wir dazu, wie du mit der Rubrik 360° Journaling umgehen kannst.
Wie Fragen wirken
Seien wir ehrlich: In unserem hektischen Alltag, in dem wir Multitasking-mäßig mehrere Dinge gleichzeitig managen, nehmen wir uns selten Zeit innezuhalten und unsere kognitiven Gewohnheiten bewusst zu verlassen oder?
Dabei sind (gute und ungewöhnliche) Fragen der beste Weg, um eingefahrene kognitive Gewohnheiten zu durchbrechen. Deswegen sage ich auch: Die Kunst einer erfolggekrönten persönlichen Entwicklung liegt darin, sich gute Fragen zu stellen und sich Zeit zu lassen reflektierte, ehrliche Antworten zu finden.
Wenn du dir also die Zeit nimmst, um in Ruhe über eine Frage nachzudenken und eine ehrliche, reflektierte Antwort zu finden, die (vielleicht) nicht zu deinen Standardantworten gehört, gewinnst du die Chance:
- alternative oder neue Perspektiven zu gewinnen.
- neue Seiten an dir zu entdecken.
- dich selbst besser zu verstehen und dich besser zu spüren.
- achtsamer und aufmerksamer zu werden.
Das Verlassen deiner kognitiven Gewohnheiten könnte dir AHA-Momente bescheren, dir helfen eine bessere Beziehung zu dir und deinem Umfeld aufzubauen und klügere Entscheidungen zu treffen.
Wie du das 360° Journaling zur Selbsterkundung nutzt
Die Rubrik 360° Journaling habe ich erschaffen, um dir Fragen zu stellen und dir die Chance zu bieten deinen kognitiven Tunnel zu verlassen.
360° heißt: Auf meinen HPH-Blog erscheint regelmäßig eine Frage für dich. Es werden gute, ungewöhnliche und ganz alltägliche Fragen dabei sein, die alle Bereiche des Lebens abdecken. Daher 360°. Im Mitgliederbereich bekommst du zusätzlich zur Frage noch weiteren inspirierenden Input in Form eines Podcasts. Es lohnt sich vorbeizuschauen! 😉
Mein Menschenbild lautet: In dir steckt noch wesentlich mehr, als dir bewusst ist. Du bist klüger, reflektierter, kreativer und vielschichtiger, als du es dir zutraust. Und dass so vieles in dir steckt, ist etwas Gutes! Beschneide nicht deinen Facetten-Reichtum durch deine Gewohnheiten!
Mein Ansatz lautet: Du bist ein mündiges Wesen, das Respekt, Anerkennung und Wertschätzung verdient. Aus diesem Grund werde ich dich nicht darüber belehren, WIE exakt du die Rubrik 365 Fragen zur Selbsterkundung für dich nutzen kannst. Mach es so: doing by learning.
Ich biete dir drei Wege an. Probier dich aus und finde deinen Weg. Grundsätzlich bitte ich dich um Folgendes:
- Nimm dir wenigstens ein paar Minuten Zeit für jede Frage. Lass sie auf dich wirken.
- Versuche nicht deine typische Antwort auf die Frage zu geben. Überlege, was deine reflektierte und ehrliche Antwort auf die Frage ist. Gehe ruhig ein bisschen weiter in deiner Antwort, als du es sonst tun würdest.
- Bewerte nicht. Lass die Frage so stehen, wie sie ist und bewerte auch nicht deine Antwort darauf.
- Versuche nicht irgendwas zu erzwingen. Wenn dir partout keine Antwort einfällt, musst du nicht die nächste Stunde über der Frage grübeln oder dich schlecht fühlen. Nimm dir zu einem anderen Zeitpunkt die Frage noch ein mal vor.
Der goldene Weg
Der goldene Weg durch Rubrik 360° Journaling sieht für mich so aus, dass ich dich zum Journaling einlade. Journaling ist der englische Modebegriff für das altmodische Tagebuchschreiben. Jedoch verbirgt sich hinter Journaling eine psychologisch ausgeklügelte und wirksame Methode für deine persönliche Entwicklung. So kann es für dich funktionieren:
Besorge dir ein Journal, also ein Notizbuch, in das du die Fragen der Rubrik übernimmst und schreibe unter die Fragen deine Antwort. Mein Tipp dazu: Schreib wirklich zuerst die Frage auf. Dann steht schon etwas auf dem Papier und das „Eis“ zwischen dir und dem leeren Blatt Papier ist bereits gebrochen. Und dann fang einfach an. Schreib, was dir als Erstes in den Sinn kommt. Ganz gleich, was es ist. Du musst weder auf Schreibstil, auf Wortwahl noch auf Rechtschreibung achten. Es ist alles erlaubt. Schreiben ist eine kreative Reise ohne ein vorher festgelegtes Ziel.
In dieses Journal kannst du zusätzlich deine Erfahrungen, AHA-Momente und alles weitere reinschreiben, was dir während der 365 Fragen zur Selbsterkundung widerfährt.
Der Prozess des Schreibens „zwingt“ dich sozusagen zur Achtsamkeit, Aufmerksamkeit und Reflexion. Es ist ein inniger Prozess mit dir selbst, bei dem du viel Neues über dich selbst entdecken könntest.
Der integrale Weg
Der integrale Weg eignet sich für dich, wenn du an einem Coaching oder an einer Therapie teilnimmst und diesen Prozess gerne optimieren möchtest.
Lass die einzelnen Fragen der Rubrik auf dich wirken und finde deine ehrliche, reflektierte Antwort. Ohne ein Blatt vor dem Mund oder besser gesagt vor deine Gedanken zu nehmen. Nimm dann die Frage und deine Erfahrungen mit der Beantwortung mit in dein Coaching oder in die Therapie. Diskutiere mit deinem Coach oder Therapeuten darüber. Damit zeigst du Eigenständigkeit und Eigeninitiative. Und das wird dafür sorgen, dass dein Coaching oder deine Therapie viel erfolgversprechender verlaufen.
Alternativ (und wenn du weder im Coaching noch in Therapie bist), suche dir eine oder mehrere Personen aus deinem Umfeld, mit denen du über die Fragen der Rubrik sprechen kannst. Deine beste Freundin oder dein Partner, jemand aus der Familie oder einfach eine Person, mit der du genau diese eine bestimmte Frage besprechen möchtest.
Der schnelle Weg
Lass dich berieseln, so wie es dir gerade gefällt. Das Motto hier lautet: Alles kann, aber nichts muss.
Irgendwann triffst du auf eine Frage, die dich so packt, dass du dir noch etwas dazu aufschreiben oder darüber mit einer anderen Person reden willst. Dann lass dich auf diese bestimmte Frage ein und schau, was sie mit dir macht.
Zum Schluss
Es warten 360° Chancen auf dich, dein gedankliches Korsett zu lockern, indem du deine kognitiven Gewohnheiten durchbrichst. Ich freue mich über deine aktive Teilnahme und dein Feedback im Kommentarfeld oder in meinem Briefkasten über das Kontaktformular!
Danke für deine Aufmerksamkeit!
Tatjana
Das Titelbild ist von @Estée Janssens und die weiteren Bilder von @Alfred und @Vicky Hladynets von Unsplash.